Die Verfassung eines Staates prägt das Bild seiner Gesellschaft

 

Vorwort

Eingangsformel

Der Parlamentarische Rat hat am 23. Mai 1949 in Bonn am Rhein in öffentlicher Sitzung festgestellt, dass das am 8. Mai des Jahres 1949 vom Parlamentarischen Rat beschlossene Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der Woche vom 16. bis 22. Mai 1949 durch die Volksvertretungen von mehr als Zweidritteln der beteiligten deutschen Länder angenommen worden ist.

 

Auf Grund dieser Feststellung hat der Parlamentarische Rat, vertreten durch seine Präsidenten, das Grundgesetz ausgefertigt und verkündet.

 

Das Grundgesetz wird hiermit gemäß Artikel 145 Abs. 3 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

 

Mit dieser Eingangsformel und der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wurde vor nunmehr fast siebzig Jahren das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland - unsere Verfassung – in Kraft gesetzt. 

Der heutige Wortlaut des Grundgesetzes stimmt längst nicht mehr mit der ursprünglichen Version übereinstimmt. Das Grundgesetz wurde immer wieder, durch Hinzufügungen und Außerkraftsetzungen, an geänderte Verhältnisse angepasst und so in seiner ursprünglichen Stringenz und Systematik verändert. In seinen Grundstrukturen ist es jedoch bis heute erhalten geblieben und spiegelt damit im Wesentlichen die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse einer Zeit wieder, die sich bis heute dramatisch gewandelt hat. Unser Grundgesetz entspricht in weiten Teilen nicht mehr den heutigen politischen, gesellschaftlichen, ökonomischen und ethisch-moralischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland. Erst recht erfüllt es nicht die Anforderungen an die Verfassung eines Staates, der in eine globalisierte Welt eingebunden ist.

Die „Väter“ des Grundgesetzes hatten keine Vorstellungen davon, wie eine 68’er Revolution die Gesellschaft verändern würde, keine Vorstellung von den Auswirkungen der Emanzipation, keine Vorstellung von Ehe für alle. Sie hatten keine Vorstellung davon, wie eine Wiedervereinigung zwischen Ost- und Westdeutschland aussehen könnte und auch nicht davon, wie sich die Bundesrepublik Deutschland in ein grenzenloses Europa und in eine globalisierte Welt einbringen könnte. Dass die Bundesrepublik Deutschland so bald schon wieder eine Wirtschaftsmacht sein würde, konnten Sie nicht absehen und, dass sie einmal in der Mitte eines friedlichen Europas stehen könnte haben Sie sich bestenfalls gewünscht.

 

Solche tiefgreifenden Veränderungen innerhalb der Gesellschaft eines Staates und erst recht zwischen Gesellschaften verschiedener Staaten, können nur sehr bedingt in ein bestehendes Gesetz eingepflegt werden. Artikel mit Buchstabenkennzeichnung und ebensolchen Absätzen sind die Folge. Die Übersichtlichkeit leidet in einem nicht zu akzeptierenden Maße, was nicht zuletzt auch das Verstehen erschwert oder sogar unmöglich macht.

 

Eine Gesellschaft braucht eine Verfassung, die ihre Lebenswirklichkeit abbildet. Beinahe siebzig Jahre nach der Verkündung unseres Grundgesetzes ist es für die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland erforderlich, sich durch eine verfassunggebende Versammlung ein neues Grundgesetz zu geben, das unserer Lebenswirklichkeit entspricht.